openai-domain-verification=dv-aovD6y60GspShjP9YBKJgBkS Realistische Einschätzung gefragt: Der Blick von außen hilft gegen Scheuklappen im Unternehmen | Avandy - Agentur für Onlinekommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Pferde haben aufgrund der seitlichen Position der Augen ein sehr weites Gesichtsfeld, das mit Scheuklappen eingeschränkt wird. Scheuklappen werden genutzt, damit die Pferde nur nach vorne gucken können und nicht von rechts oder links passierenden Ereignissen erschreckt werden. Bei mehrspännigen Kutschen verhindern die Scheuklappen auch, dass die Pferde die Peitsche sehen. Die Scheuklappe ist somit ein Sicherheitszubehör für Pferde.

In der Wirtschaft gibt es einen so genannten Scheuklappenblick, der insbesondere langjährigen Mitarbeitern passieren kann. Hier ist gemeint, dass man durch das Engagement innerhalb der Firma und die Kommunikationsblase und Verhaltensweise der Firma seinen Blick für die Umgebung verliert, in der die Firma agiert.

Man denkt, man verhalte sich richtig, weil jeder in der Firma und im Konzern das so sieht und es intern auch so kommuniziert wird. Man ist unter seinesgleichen und erfährt viel Bestätigung für den eigenen Job und die Kommunikationsmaßnahmen der Firma.

Doch wie sieht das die Gesellschaft und wie sieht das ein Kommunikationsexperte, der „von draußen“ auf die Firma schaut? Hier gibt es in den meisten Fällen ganz erhebliche Unterschiede zwischen der Eigenwahrnehmung der Firma und ihren Kommunikationsmitarbeitern und dem externen Betrachter. Ich finde es deshalb immer gut, wenn Geschäftsführer und Kommunikationsmanager von Unternehmen bei mir anfragen, wie ich dieses oder jenes sehe.

Wie beurteilt ein Außenstehender bestimmte Maßnahmen?
Wie nachvollziehbar sind Entscheidungen des Unternehmens?
Werden sie verständlich kommuniziert?
Versteht man das Verhalten des Unternehmens in Krisensituationen?

Ein Beispiel ist die aktuelle Krisen-Situation der deutschen Automobilindustrie. Viele Menschen verstehen nicht, warum die Autoindustrie sich an der Diesel-Diskussion nicht aktiver beteiligt. Dabei wird jeder PR-Manager in Diensten eines Automobilherstellers sich sehr wohl eine intensive und stressige Kommunikationsaktivität bescheinigen. Man sitzt schließlich nicht da und tut nichts.

Avandy-Geschäftsführer Markus Burgdorf hat viele Jahre als Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei großen Automobilzulieferern gearbeitet und kennt die Branche. Er macht sich Gedanken über die Kommunikation der Automobilhersteller.

Avandy-Geschäftsführer Markus Burgdorf hat viele Jahre als Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei großen Automobilzulieferern gearbeitet und kennt die Branche. Er macht sich Gedanken über die Kommunikation der Automobilhersteller.

Die Frage ist aber, was davon bei den Autofahrern und Interessengruppen tatsächlich ankommt. Wieviel Energie wird in internen Prozessen verbrannt – und welche Botschaften gehen wirklich raus und wie werden diese transportiert? Oder ist man zu vorsichtig, hat zuviele Scheren im Kopf und möchte sich jetzt „devot“ zeigen?

Die Frage ist doch, ob die Automobilhersteller die Krise überhaupt kommunikativ meistern, oder sich von den eher kleinen Angreifern immer wieder überrumpeln und vor sich her treiben lassen? Von außen betrachtet scheinen die deutschen Automobilhersteller in eine Art Schockstarre gefallen zu sein. Dabei haben sie so viel zu berichten und zu zeigen. Der Erfolg von Tesla ist ein PR- und Marketingerfolg. Die tatsächlichen Produktionszahlen sind gering, Lösungen für viele Lebensbereiche findet man nicht. Die wahre Mobilität liefen die großen Automobilhersteller – mit immer effizienteren Motoren, mit Lösungen für jeden Bedarf. Doch darüber spricht kaum noch einer. Was raten die PR-Agenturen in dieser Situation den Konzern-Lenkern?

Stillhalten?
Aushalten?
Passiv sein?
Business as usual?
Die Fassade wahren?

Die Marktkapitalisierung von Tesla entspricht bei 84.000 produzierten Fahrzeugen und 2,3 Mrd. US$ Verlust für 2016 stolze 48,91 Mrd. Euro, das ist fast gleich auf mit BMW (51,74), Daimler (66,64) und Volkswagen (64,93). Doch die bauen nicht nur ein Vielfaches an Fahrzeugen, sie sind auch sehr profitabel dabei. Die Börse nimmt die von den Anlegern erwartete Entwicklungen in den Kursen der Unternehmen vorweg, sie vergibt Vorschußlorbeeren. Im Gegenzug bedeutet das aber auch, dass man den etablierten Automobilherstellern nichts mehr zutraut. Wir befinden uns in einem Prozess der sich verändernden Mobilitätslösungen. Die Meinungsführerschaft haben andere übernommen, auch die Phantasie reklamieren andere für sich. Eine fatale Entwicklung, die nur verändert werden kann, wenn man anders kommuniziert. Selbstbewusst und klar verständlich.

Auch die Autofahrer, zutiefst verunsichert durch die aktuellen Diskussionen, erwarten Antworten von der Automobilindustrie. Und die fehlen. Die Menschen draußen, die die Fahrzeuge fahren, fühlen sich betrogen und alleingelassen. Sie wissen nicht, wem sie noch glauben können – und die ideologisch und ungeschickt agierende Politik macht alles nur noch schlimmer. Pendler, die zur Arbeit in die Stadt fahren, fürchten sich vor Fahrverboten. Gebrauchtwagenpreise für Diesel sind im freien Fall. Fahrverbote wären für viele Dieselfahrer eine Art Enteignung. Aber wo ist die Hilfe? Eine Umtauschprämie? Geht es da nicht nur daruf, nochmal kräftig Umsatz zu machen, bevor alles zusammenbricht? Die dickste Prämie bekommt, wer das größte Fahrzeug kauft. Macht das für den Verbraucher Sinn?

Wir wurden gerade von einem deutschen Automobilhersteller angefragt, dessen Außenwahrnehmung zu untersuchen und konkrete Vorschläge zu machen, wie eine sinnvolle Argumentation in der aktuellen Situation aussehen kann. Angefragt wurde auch eine SWOT-Analyse für den Hersteller und innovative Ideen für die Umsetzung. Eine wirklich spannende Aufgabe, die über die typische automotive PR weit hinaus geht.

Markus Burgdorf